Ist Ihnen als Arbeitgeber bewusst, dass Sie mit jeder veröffentlichten Stellenausschreibung ein finanzielles Risiko eingehen? Vermutlich haben Sie bereits von den sogenannten „AGG-Hoppern“ gehört oder im schlimmsten Fall bereits Erfahrungen mit einem von ihnen machen dürfen. Letztere wissen genau, dass nur eine unüberlegte Formulierung in der Stellenanzeige reicht, um den Scheinbewerbern ins Netz zu gehen. Ersparen Sie sich diese nervenaufreibende Erfahrung, hohe Entschädigungsforderungen oder gar einen Besuch vor Gericht, mit unseren Tipps zur AGG-konformen Stellenbeschreibung.
Am 18. August 2006, vor fast 13 Jahren, wurde in Deutschland erstmals ein Gesetz geschaffen, das den Schutz vor jeglicher Diskriminierung u.a. durch Arbeitgeber regelt: das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Ein wichtiges und richtiges Gesetz, denn Diskriminierung sollte überall verurteilt werden, erst recht an einem modernen Arbeitsplatz. Doch Gesetze sind wie das Milchzahngebiss bei Schuleintritt: voller Lücken. Und diese Lücken machen Kriminelle kreativ. Warum nicht einfach auf eine Stelle bewerben, sich unter diskriminierenden Umständen ablehnen lassen und dann auf eine fette Entschädigung klagen? So oder so ähnlich denken jene Betrüger, die sich teils ihren Lebensunterhalt auf diese Weise verdienen: AGG-Hopper. Scheinbewerber, die es nie auf den Job, sondern auf eine Entschädigungszahlung abgesehen haben.
Sicher? „Wir suchen für unser junges Team eine Servicefachkraft…“, klingt zunächst nach einer netten Ansprache, die Sie vielleicht genauso bereits verwendet haben. Aber Vorsicht, das könnte man auch so interpretieren: Sie möchten offenbar keine alten Menschen in Ihrem Unternehmen haben. Mit dieser Formulierung, wenn auch unbeabsichtigt, könnte man Sie bereits der Altersdiskriminierung beschuldigen, welche nur eine von vielen Arten der Diskriminierung darstellt.
Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz benennt alle Arten der Diskriminierung:
Natürlich möchten Sie als seriöser und fairer Arbeitgeber niemanden diskriminieren. Dies aus Versehen zu tun ist aber sehr leicht. Wenn sie sich an unsere Tipps für eine diskriminierungsfreie Stellenausschreibung halten, kann Ihnen niemand falsche Vorwürfe machen und Sie bleiben im besten Fall von AGG-Hoppern verschont.
Wichtig! Seit dem 1. Januar 2019 müssen in Deutschland Jobanzeigen genderneutral formuliert werden. Bislang reichte es aus Stellenanzeigen mit dem Kürzel (m/w) für (männlich/weiblich) zu versehen. Nun kommt ein weiterer Buchstabe hinzu: d für divers. Die Angabe divers ist eine Lösung im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes (AGG), um Menschen vor Diskriminierung zu schützen, die sich weder männlich, noch weiblich fühlen. Es gibt noch weitere Abkürzungsvarianten, beispielsweise (m/w/a): männlich/weiblich/anders, (m/w/x): männlich/weiblich/beliebig) und einige weitere. Die gebräuchlichste scheint aber zurzeit (m/w/d).
Bewerber sollen auch wegen ihres Alters noch nicht benachteiligt werden. Suchen Sie auf keinen Fall explizit nach jungen Menschen. Und mal ehrlich, ein älterer Bewerber ist nicht schlechter als ein junger, bringt er doch in der Regel wesentlich mehr Erfahrung mit.
Das AGG sieht allerdings auch Ausnahmefälle vor. In Paragraf 8 heißt es: „Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.“ Wenn der ausgeschriebene Job eine bestimmte Religionszugehörigkeit erfordert, darf die Religion zum Auswahlkriterium werden. Beispiel: Eine christliche Religionsgemeinschaft darf in einer Stellenausschreibung gezielt nach Bewerbern mit christlichem Glauben suchen, wenn es sich um eine Stelle als Referent handelt, da es auch Aufgabe eines Referenten ist, den christlichen Glauben nach außen zu repräsentieren.
Sofern Ihr Betrieb für den Einsatz von schwerbehinderten Mitarbeiter*innen geeignet ist, müssen Sie gemäß § 81 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX diverse Regelungen zum Schutz Schwerbehinderter beachten. Diese beziehen sich sowohl auf die Stellenausschreibung als auch das nachfolgende Bewerbungsverfahren.
Schlechterstellungen von Beschäftigten oder Bewerber*innen wegen ihrer gleichgeschlechtlichen oder homosexuellen Orientierung sind im immer rechtlich verboten.
Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, gilt es Schadensbegrenzung zu betreiben. Gesetzlich sieht die Sache so aus: Nur Absender ernst gemeinter Bewerbungen haben ein Recht auf den Schutz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Wer dagegen Scheinbewerbungen versendet und als Reaktion eine Absage erhält, hat dafür kein Anrecht auf Entschädigung. Nun könnte man meinen der AGG-Hopper hat schlechte Karten, die Beweislast liegt allerdings beim Arbeitgeber. „Der Arbeitgeber muss dafür den Nachweis erbringen, dass ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Bewerbers vorliegt, das auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet ist (BAG, Urteil vom 26.01.2017 – 8 AZR 848/13 – BeckRS 2017, 112923).“ Wenn Sie die betrügerischen Absichten des verdächtigten Scheinbewerbers also eindeutig nachweisen können, lohnt es sich vor Gericht zu ziehen. Andernfalls könnte es günstiger für Sie werden, wenn Sie die Entschädigungssumme zahlen, diese unter Lehrgeld verbuchen und künftig vorsichtiger mit den Stellenausschreibungen sind.
Quellen:
https://www.betriebsausgabe.de/magazin/agg-hopper-nutzen-antidiskriminierungsgesetz-5570/